Wie das Kato-Prinzip in die Welt kam
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Montag Morgen, 9.30 Uhr, irgendwo in Deutschland:
"Das Bad ist ja immer noch dreckig. Haben wir eine Putzlappenkrise in Deutschland?"
"Ich hatte noch keine Zeit."
"Du bist aber dran. Ich habe schon die letzten beiden Male geputzt."
"Ich weiß das."
"Dann mach' endlich."
"Du gehst mir auf die Nerven. Ich mach' das schon noch, aber wenn ICH will!"
"Wer ist denn dafür wieder verantwortlich? Es ist jedes Mal das gleiche mit Ihnen, Herr X, auf Sie ist einfach kein Verlass."
"Ich bin nicht dafür verantwortlich, dass der Termin nicht eingehalten wurde. Der Computer ist ausgefallen, die Sekretärin war krank, es ist eben einfach so viel zusammengekommen..."
Solche und ähnliche Gespräche sind den meisten von uns vertraut, in unseren privaten Beziehungen wie am
Arbeitsplatz.
Wir können beobachten und erfahren, dass Beziehungen und Freundschaften oder auch Familien, die als Zufluchtsorte vor den Widrigkeiten der Welt gelten, oft genau jene Orte sind, an denen sich die Widrigkeiten der Welt abspielen. Angst und Misstrauen, Unsicherheit, Machtspiele, Absichten und Erwartungen bestimmen vielfach unsere Begegnungen, die noch kein Miteinander sind. Das Miteinander zu
verwirklichen ist die Aufgabe unserer Zeit. Seine Qualitäten drücken sich in Zusammenarbeit und Unterstützung aus. Unsere
bisherigen Begegnungen, in denen sich nicht Menschen, sondern Gegner gegenüberstehen, sind geprägt von Konkurrenz und Kampf.
Die Basis des Miteinander ist Liebe und Vertrauen. Es ist Mitgehen, Begleiten des anderen. Die Basis von
Begegnungen ist Misstrauen und Kontrolle.
Das Kato-Prinzip ist eine Möglichkeit, das Miteinander zu verwirklichen.
Wir unterhielten uns oft und lange darüber, was uns in unserem Umgang mit anderen Menschen nicht gefällt und wir begannen mit den vielfach benutzten Phrasen zu spielen: "Denkst du auch wirklich daran?", "Bist du sicher?", "Sag nein, wenn du nicht willst.", "Magst du mich auch wirklich?", "Vergiss es aber nicht!", "Fahr vorsichtig.", "Pass auf dich auf!", "Du sollst...", "Ich kann leider nicht", "Warum tust du mir das an?".
Wir erkannten, was all diese Phrasen bedeuten, nämlich: Wir vertrauen dem anderen nicht. Theoretisch wussten wir damit, was menschliches Miteinander ausmacht, worauf es wirklich ankommt. Es zu praktizieren war jedoch nicht so leicht. Zu-erst wurde uns klar, dass Phrasen als Gesprächskitt über-flüssig sind; wir gingen sogar so weit, uns z.B. einmal nicht mehr zu bedanken und nicht mehr zu bitten, sondern unsere Wünsche klar zu äußern: "Ich möchte das Salz." (Dies
auszuprobieren half uns, bewusst zu bitten und zu danken.) Mit der Zeit kamen die Phrasen und Floskeln wie von selbst wieder. Bis eines Tages einer von uns, als wieder so ein "Bist du sicher?" fiel, sagte: "1:0 für mich." Wir wendeten dies dann ins ‚Negative': Derjenige, der die Phrasen benutzt,
kassiert Punkte (die allerdings um 00.00 Uhr gelöscht werden).
Damit war das Kato-Prinzip als ‚Punktespiel' geboren.
Menschen können vereinbaren, das Kato-Prinzip miteinander - oder auch mit sich selbst - zu spielen. Wir stellen es
in unserem Buch oder in unseren Seminaren vor.
Wir beginnen mit der Klärung dessen, was menschliches Miteinander bedeutet, wie Menschen sich füreinander
entscheiden und wie sie dann bei dieser Entscheidung bleiben können.
Für das Spiel haben wir uns entschieden, weil wir im Spiel unbefangen und offen sind, nicht alles ‚ernst' nehmen - und: Gerade weil es ‚Spiel' ist, halten wir uns ernsthaft an die
Regeln. Wir können über unsere Schatten springen - schließlich ist es nur ein Spiel -, Neues ausprobieren - schließlich gilt das ja nicht im richtigen Leben. So lernen wir unsere Möglichkeiten spielend kennen.
Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass viele Bücher zur Selbsthilfe, welch treffende Einsichten sie auch vermitteln mögen, im Alltag oft wenig Auswirkungen haben, weil diese nicht erfahren werden und weil mit Absicht ein Ziel erreicht werden soll; doch erzwungene Ergebnisse haben keinen Bestand.
Was wir aber nicht absichtsvoll erreichen wollen, gelingt spielend. Deswegen setzen wir auf das "spielende Gelingen" , da das Spiel eine fantastische Möglichkeit ist, uns von den
eigenen verhärteten Vorstellungen und Mustern zu verabschieden und zu erproben, wie das Leben aussieht, wenn wir eine andere Möglichkeit wählen.
Das Kato-Prinzip - der Name rührt von den Inspektor Clouseau-Filmen her - bedeutet ‚Arbeit' an sich selbst. Es ist zunächst einmal: aufmerksam sein, genau wie es Inspektor Clouseau immer ist, wenn er seine Wohnung betritt. Um
seine Aufmerksamkeit zu schärfen, hat er Kato engagiert, dessen Aufgabe es ist, ihn in jeder nur denkbaren Situation zu überfallen, damit er immer, in jedem Augenblick,
entsprechend agieren kann. Allerdings reicht Aufmerksamkeit für ein Miteinander noch nicht aus. Auch ein Killer ist sehr
aufmerksam. Es geht vielmehr um Achtsamkeit - sich selbst und anderen gegenüber. Achtsamkeit ist immer liebevoll, weil sie den anderen achtet. Achtendes und geistesgegenwärtiges Handeln in diesem Sinne, welches immer absichtsfrei ist, basiert auf der Erfahrung, gehalten und in die tieferen
Zusammenhänge unseres Lebens eingeordnet zu sein und in diesem Vertrauen zu leben.
Montag Morgen, 9.30 Uhr, irgendwo in Deutschland, wenn das Kato-Prinzip verwirklicht wird:
"Das Bad ist ja immer noch dreckig. Haben wir eine Putzlappenkrise in Deutschland?"
"Dafür bekommst du Punkte. Das ist keine klare Aussage, sondern Zynismus, indirekte Kritik, Aufrechnen und ein versteckter Befehl. Aber ich weiß, dass auch ich Punkte erhalte, denn ich habe mich entschieden, mit dir zusammen zu leben, das heißt auch, mit dir
unsere Wohnung in Ordnung zu halten, und das Bad ist wirklich dreckig." [Beide lachen]
"Wer ist denn dafür wieder verantwortlich? Es ist jedes Mal das gleiche mit Ihnen, Herr X, auf Sie ist einfach kein Verlass."
"Dafür bekommen Sie Punkte. Sie halten an Ihren Vorurteilen fest, vertrauen mir nicht und sehen mich immer als unzuverlässig an. Aber auch ich erhalte Punkte, denn ich habe meine Verantwortung auf
andere, auf Umstände abgeschoben."
In diesem Sinne spielend leben und arbeiten überwindet den Kampf und heilt uns und unsere Welt.
(Wenn wir hier und im folgenden von ‚heilen‘
sprechen, dann meinen wir das Heilen unserer Einstellungen zu uns, zu den
anderen und zur Welt. Dies bedeutet, dass wir uns bewusst werden und erfahren,
dass wir uns, den anderen und der Welt vertrauen können. Auf der seelischen
Ebene heißt Heilung dann, dass wir keine Angst mehr haben, insbesondere nicht
vor dem Tod. Gelingt uns dies, sind alle seelischen Wunden geheilt. Auf der körperlichen
Ebene kann dies zur Folge haben, dass Krankheitssymptome verschwinden.
Dies muss aber nicht die Folge sein, denn darauf kommt es nicht entscheidend an.)